Am Anfang war das Band. Basys nannte es „Pivota“. In Esperanto, die laut Wikipedia am weitesten verbreitete internationale Hilfssprache, bedeutet das so viel wie „drehen, schwenken“. „Pivota“ liegt verdeckt, und wenn die Tür geschlossen ist, bleibt die Technik unsichtbar. Auf der BAU 2001 in München bot sich dem Unternehmen aus Ostwestfalen-Lippe auf dem Stand von Herholz, Ahaus, zum ersten Mal die Möglichkeit, das neu entwickelte Produkt einem internationalen Publikum vorzustellen. Der Türenhersteller gab mit dem Einsatz dieser damals „besonderen Technik“ in einem Prestigeobjekt den ersten Impuls. Es dauerte einige Zeit bis auch ein anderer Kunde das Potenzial der Innovation erkannte und mit ihr eine Vision umsetzte: die Vision von der Tür als puristisch-minimalistischem Design- und Architekturelement, die Tür in ihrer reinsten Form, reduziert auf das Wesentliche.
Wolfgang Buttlar, geschäftsführender Gesellschafter der Kerkhoff Türenfabrik in Bocholt, hatte das verdeckt liegende Band auf der BAU 2003 entdeckt – BaSys hatte erstmalig mit eigenem Stand teilgenommen und bereits weitere „Pivota“-Modelle präsentiert. Und er besuchte den Baubeschlaghersteller daraufhin am Unternehmenssitz in Kalletal. Der ästhetisch orientierte Visionär hatte aus der Not eine Tugend gemacht: Die im Werk vorhandenen Maschinen boten nur eingeschränkte Möglichkeiten; so stellte Kerkhoff zum ersten Mal vom damals runden Montagestandard abweichende, eckige Zargen aus schlichten L-Profilen her. Für diese besondere Zargen suchte Buttlar eine spezielle Befestigung. Außerdem sollte die Entscheidung, ob sich eine Tür nach links oder rechts öffnen lässt, erst auf der Baustelle fallen. Buttlar brauchte also ein symmetrisches, verdeckt liegendes Band, dessen Flügel oben nicht nur abgerundet, sondern rund sein sollten.
Basys setzte die Vorgaben um, entwickelte sein auf der BAU 2003 präsentiertes „Pivota DX 60 3-D“ weiter zum symmetrischen „Pivota DX 61 3-D“ mit runden Flügeln und nahm kleinere Anpassungen vor, wie zum Beispiel die Abdeckung der Fräsung auf Zargenseite. Von diesem Zeitpunkt an nahm das Thema von der Tür als Designelement Fahrt auf und beide Unternehmen gingen viele Schritte gemeinsam. Mit Stolz können sie heute von sich behaupten, den Trend zu flächen- und wandbündig eingebauten Tür-Zarge-Systemen vorangetrieben zu haben. Doch markiert das nur den Anfang einer sich immer wieder gegenseitig befruchtenden Zusammenarbeit, von der Zulieferer Basys behauptet, dass der Kunde stets offen für Neues sei und „eben einfach macht“. Auf der anderen Seite freut man sich bei Bod’or KTM, wie die Kerkhoff Türenfabrik heute heißt, über die Flexibilität des ostwestfälischen Zulieferers, mit dessen Produkten sich der Slogan „form follows function“ bei allen Drehtüren perfekt umsetzen lässt.
Beschlag pusht Türenentwicklung
Das zeigte sich das erste Mal 2004, als die „kleine Türen Manufaktur“ KTM als Nachfolgerin der Kerkhoff Türenfabrik das Innentürsystem „Cube“ mit dem verdeckt liegenden Band von Basys vorstellte. „Cube“ – englisch für Würfel – steht für die Reduktion der Form, die sich bei den stumpf einschlagenden Türen in der puristischen Optik äußert. Mit dem Beschlag wirkt die Tür, die ohne sichtbare Technik flächenbündig mit der Zarge und später auch mit der Wand abschließt, noch puristischer. Für die „Designqualität, die in beispielhafter Weise Innovation in Form und Funktion ausdrückt“, verlieh das Design Zentrum Nordrhein Westfalen noch im gleichen Jahr den „reddot award: product design“. Die Idee hatte den Zeit- und Designgeist getroffen.
In den folgenden Jahren verbesserten beide Partner im steten Austausch miteinander das Türensystem. So erhöhte Basys dank hochwertigerer Materialien in der Lagertechnik die ursprüngliche Tragfähigkeit des „Pivota DX 61 3-D“ von 60 zunächst auf 80 (2011) und 2017 auf 100 Kilogramm pro Paar. Für das zweischalige Zargensystem des Türenherstellers entwickelte das Unternehmen ein angepasstes Halteblech für die Befestigung im Mauerwerk. 2005 kam Basys dem Wunsch von KTM, die „Cube“ auch als Wohnungseingangstür mit erhöhter Einbruchhemmung einzusetzen, mit dem „Pivota DX 101 3-D Safe“ nach. Dazu integrierte der Baubeschlaghersteller eine Aushebelsicherung in das verdeckt liegende Band, und die Tür erreichte bei Prüfungen die RC2-Klasse.
Der nächste große Clou gelang KTM mit „Re-Cube“. Diese Tür öffnet sich re- oder invers in die Laibung hinein. Die Idee dahinter bestand darin, in großen Fluren mit mehreren, unterschiedlich öffnenden Türen ein einheitliches und wandbündiges Erscheinungsbild zu realisieren. Die neue Falzgeometrie erforderte ein schmales Band mit entsprechender Tragfähigkeit, dessen Frontplatte zargenseitig an einer Seite eckig ausgeführt ist. So entstand das „Pivota DX 59 3-D K“, das – paarweise eingesetzt – inzwischen Türen bis 80 Kilogramm trägt. Auch „Re-Cube“ erhielt 2009 den „reddot design award“.
Auf diesem Erfolg ruhte man sich in Bocholt jedoch nicht aus. Wesentliche Verbesserungen des „Cube“-Türsystems konzentrierten sich in der Folgezeit auf die Schließblechseite. So entwickelte Basys ein justierbares Schließblech als Alternative für das Produkt eines anderen Lieferanten, das die Anforderungen von KTM nicht erfüllte. Weil das Basys-Schließblech in der Zukunft auch in Wohnungseingangstüren zum Einsatz kommen sollte, lieferte Basys ein Jahr später eine einbruchhemmende Variante mit dem Zusatz „RC“. Und als man bei Bod’or KTM den Trend zu Magnetschlössern frühzeitig erkannte, kam das passende Schließblech von Basys, wo das so genannte „Stabilo 2-Loch justierbar V3 magnetic“ bereits als Standard verfügbar war.
Kam der Impuls für die Weiterentwicklung der Tür abwechselnd mal vom Hersteller, mal vom Zulieferer, so gab es auch Phasen, in denen sich beide Unternehmen unabhängig voneinander in die gleiche Richtung bewegten. 2015 zum Beispiel, als das Thema Sicherheit und Einbruchschutz immer mehr an Bedeutung gewann. Bod’or KTM wollte ein RC3-geprüftes Element auf den Markt bringen. Basys schuf aus dafür bereits bestehenden Komponenten ein geeignetes Beschlagsystem. Der Zulieferer stattete das verdeckt liegende Band für höhere Widerstandsfähigkeit mit Stahlgelenken aus, entwickelte ein für die geplante Zarge angepasstes Schließblech, das für Schwenkriegel geeignet ist, sowie eine Bandseitensicherung. Diese wird flügelseitig mit einem entsprechenden Gegenstück in der Zarge montiert und bleibt für die sichere Verbindung justierbar.
Dem Kundenwunsch nach mehr Farbvielfalt bei den verdeckt liegenden Bändern erfüllte Basys mit seinen Oberflächen, zum Beispiel in Schwarz, Weiß oder verchromt, aber auch ausgefallene Wünsche für zum Beispiel ganz in Gold gehaltene Türen realisiert Basys für den Kunden.
Zwischen 2016 und 2018 setzten beide Unternehmen einen dritten Meilenstein in ihre gemeinsame Produktentwicklungsgeschichte. Wieder ging es um die Kunst des Weglassens. Bod’or KTM erarbeitete eine bereits mit dem Rohbau zu planende Lösung für spiegellose Zargen, so dass sich die Tür rahmenlos und bündig in die Wand einfügt und allein auf ganzer Fläche wirkt. Basys unterstützte die unsichtbare Unterputzzarge „Undercover“ mit einem angepassten Sicherheitsblech sowie einem Mörtelschutzkasten für das „Pivota DX 61“ und „101“. Der Mörtelschutz für die Wandhalteplatte hält eventuelle Rückstände nach Verputzarbeiten fern und somit das Türband sauber.
2018 bringt Bod’or KTM „Undercover“ als „Re-Cube“-Version auf den Markt. Auch hierfür entwickelt Basys wieder ein modifiziertes Band für die neue Fräsung sowie eine Halteplatte. 2019 zeichnen die Architekturfachzeitschriften AIT und XIA „Undercover Doorframe 25“ auf der BAU in München mit dem Innovationspreis Architektur + Bauwesen aus. Neben den Montagevorteilen hebt die Jury aus 15 Architekten die Stabilität des Gesamtsystems hervor sowie das systemeigene Magnetschloss und die unsichtbaren Bänder.
In welchem Takt beide Partner ihre Innovationen platzieren und umsetzen, zeigt sich regelmäßig und sehr eindrucksvoll auf der BAU. 2017 hatte Basys dort das verdeckt liegende Band mit integriertem Türschließer „Pivota DX Close“ vorgestellt und ebenfalls den Innovationspreis für Architektur + Bauwesen gewonnen. Und wie ein Selbstläufer war es Bod’or KTM, der als erster Basys-Kunde schnell interne Tests einleitete und den Einsatz dieses Bandes auf der BAU 2019 an einer 2,80 Meter hohen „Grip“-Tür zeigte. Die ersten Anfragen zu der sanft und selbsttätig schließenden Tür ohne sichtbare Technik liegen dem Unternehmen bereits vor.
Eine Bereicherung für jeden Handwerker
Einer, der schon seit 1986 beim Türenhersteller in Bocholt arbeitet, die ganze Entwicklung von Beginn an begleitet und jede Innovation zuerst in der Hand gehalten hat, ist Servicemonteur Johannes Bürger. Er erzählt von den Anfängen der Zusammenarbeit als der italienische Zulieferer nicht mehr die erwartete Qualität bei den Beschlägen liefern konnte und man die niederländischen Kollegen bei großer Konkurrenz von den Basys-Bändern überzeugen wollte. Heute ist er „heilfroh“, dass ihm und seinem Team das gelungen sei. Denn mit Reklamationen habe er es seitdem kaum mehr zu tun. Und „die Bänder sind eine Bereicherung für jeden Handwerker, was Montage und 3D-Einstellung angeht“, sagt er, der über die Jahre werktäglich zwischen einer und zwölf Türen mit durchschnittlich drei Bändern und einem Schließblech einbaut, und ergänzt: „Basys ist eine andere Liga.“
So hat sich Bürger im Laufe der Zeit, also in mehr als 30 Jahren, zu einem Experten für die Basys-Bänder entwickelt und gibt sein Wissen in Schulungen weiter. Das Türelement von Bod’or KTM sei nur für den Profi-Handwerker geeignet, denn das besondere Zargensystem verlange Präzision. Und immer wieder erlebe er auch, dass Verarbeiter eine gewisse Angst gegenüber stumpf einschlagenden Türen zeigten. Diese Angst zu nehmen, hat er sich zum Ziel gesetzt, und sorgt in der Regel mit einer Erstmontagehilfe für die Initialzündung. Ist diese Hürde genommen, so Bürger, sei der Verarbeiter der beste Berater.
Die Tür als Architekturelement
Unter Architekten hat sich die stumpf einschlagende Tür inzwischen etabliert, und sowohl Basys als auch Bod’or KTM können eine ganze „Hall of Fame“ an Design- und Innovationspreisen vorzeigen, die dokumentieren, dass das, was beide Unternehmen auf die Beine stellen, anerkannt ist und dass die Bänder in der Tür im wahrsten Sinne eine tragende Rolle spielen.
Doch eines wissen sie auch: Längst ist in diesem Bereich nicht alles erfunden. „Architekten fragen nach Lösungen und suchen das Besondere“, berichtet Sandra Winkelhorst, die als Geschäftsführerin die Geschicke des deutsch-niederländischen Türenherstellers leitet. Circa 6.000 Türelemente verließen pro Jahr das Werk in Bocholt. Zum Vergleich: Bei der großen Schwester Dextüra im benachbarten niederländischen Varsseveld ist dies lediglich das Kontingent von maximal zwei Tagen. An diesen Dimensionen sehe man sehr gut, dass Bod’or KTM eben eine Manufaktur und die Türen etwas Besonderes seien.
Das berichtet auch Servicemonteur Johannes Bürger. Die „besonderen Türen“ ermöglichen ihm den Zugang in ganz extravagante Häuser, wo Eigentürmer und Bewohner immer wieder die Exklusivität und Schönheit der Türen hervorheben. „Diese Türen sind eben anders. Und das sieht man auch!“ Durch den engen Kontakt zum Kunden und den Nutzern gebe er Verbesserungswünsche immer direkt an den Bandhersteller weiter.
Eine Kooperation, bei der alles zusammenpasst
So währt die Partnerschaft zwischen den beiden Türenexperten bis heute. War die Kerkhoff Türenfabrik 2003 für Basys der erste Leuchtturmkunde, der die verdeckt liegenden Bänder für stumpf einschlagende Türen als Standard implementierte und damit Serientüren produzierte, so steht das Unternehmen, das seit 2011 als Bod’or KTM firmiert und so niederländische Kreativität mit deutscher Präzision vereint, inzwischen für einen gewerkeübergreifenden Anbieter exklusiver Türenlösungen, die das Maximum an Design und Funktionalität bieten. Unter dem Dach der Xidoor Holding wird es in dritter und vierter Familiengeneration inhabergeführt.
Das passt gut zusammen, denn auch Basys führen Albert und Jürgen Bartels in zweiter Generation als Familienunternehmen, das sich mit seinen Band- und Schließblechsystemen als Problemlöser für Türen- und Zargenhersteller in ganz Europa sowie für nationale und internationale Kunden aus Handel und Handwerk sieht. 2018 erhielt Basys die TOP 100-Auszeichnung als eines der innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstandes. Der Baubeschlaghersteller liefert im Jahr etwa 10.000 „Pivota DX“-Bänder und 5.000 justierbare Schließbleche an Bod’or KTM.
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