Toben, lachen, spielen, schreien, weinen – wo Kinder wesentliche Erfahrungen für ihre Entwicklung sammeln, geht es selten leise zu. Auf Dauer wird der Lärm jedoch zur Herausforderung, nicht nur für Erwachsene, sondern auch für die Kleinen selbst. In einer Spielschule in Island gelang es jetzt, mit dichtschließenden Schiebetürbeschlägen fließende Übergänge zu gestalten, die Orientierung für verschiedene Aktivitätsphasen bieten und ein ruhiges Umfeld für nötige Verschnaufpausen schaffen.
Bevor sie mit sechs Jahren in die Schule kommen, besuchen die Kinder in Island – oft schon im Alter von ein oder zwei Jahren – die so genannte Leikskóli, eine Spielschule. Als Ganztagesbetreuung fasst sie Krippe, Kindergarten und Vorschule unter einem Dach zusammen. Den Rahmenlehrplan für die Leikskóli kann jede Schule selbst mit Inhalten füllen. In Garðabær südlich von Reykjavik steht für die rund 130 Kinder das an ihren Bedürfnissen ausgerichtete alltagsnahe Erleben im Zentrum. Das Gebäude schuf die Architektin Hulda Jónsdóttir mit ihrem Büro „HJARK Architecture and Design and SAstudio“.
Hulda Jónsdóttir hat das Innere ganz auf die Kleinen ausgerichtet: Herzstück bildet eine längs durch alle Gebäudeteile verlaufende Halle. Hier kommen die Kinder an und folgen farbigen Linien am Boden, die sie zu ihrer Gruppe führen. Jede der drei Altersstufen verfügt über einen speziell auf sie zugeschnittenen Gebäudebereich, dessen Deckenhöhe entsprechend der Größe der Kinder variiert. Zwischen den drei Gruppenarealen befinden sich eine Bibliothek, ein Gemeinschaftsraum, ein Gewächshaus und eine große Küche. Dank großzügiger Glasfronten können die Kinder beobachten, wie das selbst gezogene Gemüse im Gewächshaus reift und in der Küche verarbeitet wird.
Alle Räume sind warm, hell und freundlich: Mit weißen Wänden, viel Holz, hellgrauen Linoleumböden und farbigen Fensterrahmen. Große Fenster und Oberlichter bringen viel Tageslicht ins Innere. Eine ausgeklügelte Beleuchtung sorgt in den dunklen Wintern für eine helle Atmosphäre.
Fließende Übergänge
Zum sorgfältig gestalteten Inneren gehört für die Architektin auch ein gezielter Umgang mit Raumbeziehungen: „Mir war es wichtig, dass die Räume bei geöffneten Türen fließend ineinander übergehen“, erklärt Hulda Jónsdóttir. Für sie war deshalb klar, dass in der Leikskóli nur Schiebetüren zum Einsatz kommen; Drehtüren hätten diesen Eindruck gestört.
Zudem wären die Verhältnisse dann weniger klar gewesen, sagt sie. „Ich mag die klare Botschaft: Wenn Schiebetüren offenstehen, laden sie zum Herumtollen ein. Sind sie zu, bilden sie einen Teil der Wand, was den Kindern signalisiert, nicht ins andere Zimmer zu gehen.“ Je nach Tageszeit können sich die Kinder so frei zwischen Aufenthaltsbereich, Ruhe- und Essraum bewegen. Während des Mittagsschlafs hingegen bleibt zumindest die Tür zum Ruheraum geschlossen.
Raumsparende Flexibilität
In kleinen Gruppen arbeiten oder im großen Verband frei spielen – das alles ermöglichen die geschickt positionierten Verbindungstüren, die die Flächen der Spielschule flexibel strukturieren. Auch dabei spielen Schiebetüren, die in geöffnetem Zustand nicht im Weg stehen, ihre Stärken aus: „Bei einer geschlossenen Schiebetür lassen sich die Räume auf beiden Seiten gleich nutzen, da sie optisch einen Teil der Wand bilden“, erklärt Jónsdóttir. Damit konnte sie das Gebäude flexibel gestalten, ohne einen einzigen Quadratmeter wertvollen Raums zu verschwenden.
Herausforderung Schallschutz
Die größte Herausforderung bei der Suche nach den passenden Schiebetüren sei aber letztendlich der Schallschutz gewesen, berichtet die Architektin. In den Ruheräumen sollten die Kinder von den umgebenden Geräuschen abgeschirmt sein, insgesamt waren die Vorgaben des Nordic-Swan-Label einzuhalten. „Wir haben lange nach schalldämmenden Schiebelösungen gesucht“, sagt Jónsdóttir, „denn ohne sie hätten wir unseren Entwurf so nicht verwirklichen können.“
16 Schiebetüren gibt es nun in der Leikskóli in Garðabær. Sie trennen die Ruheräume von den restlichen Bereichen ab und ermöglichen fließende hindernisfreie Übergänge zwischen den Aufenthalts- und Gemeinschaftsbereichen, die Wand an Wand liegen. Zum Einsatz kommen mit „Hawa Junior Acoustics“ und „Hawa Porta Acoustics“ zwei Schiebebeschlagsysteme mit rundumlaufender Dichtung. Sie sorgen dafür, dass sich die Geräuschkulisse von Raum zu Raum bei geschlossener Tür spürbar reduziert, beim „Hawa Porta Acoustics“ um bis zu 39 Dezibel, beim „Hawa Junior Acoustics“ sogar um bis zu 41 Dezibel. Das dichte Schließen mit hohen Schalldämmwerten schützt aber nicht nur vor Lärm. Es schirmt auch vor Lichteinfall und Zugluft ab, was bei den Kindern zusätzlich für eine erholsame Mittagsruhe sorgt.
Die Erfahrungen im Alltag seien gut, sagt Hulda Jónsdóttir: „Das Personal ist sehr zufrieden mit der Lärmdämmung und auch die Kinder können die Schiebetüren leicht bewegen.“
Raumakustik als Qualitätsmerkmal
Lärmschutz kommt bislang in Kindertagesstätten oft noch zu kurz. Brandschutz- und Energiesparmaßnahmen, Hygiene- und Pflegeaufwand bestimmen dagegen die Architektur vieler Bildungseinrichtungen. Das führt zu einer offenen Bauweise mit großen Glasflächen, Parkettböden oder harten Materialien wie Fliesen und Stein, die in Kombination mit vielen verschiedenen Schallquellen für eine schlechte Raumakustik mit häufiger Schallreflexion und langen Nachhallzeiten sorgt.
Das Beispiel der isländischen Spielschule zeigt jedoch, dass Schallschutz und Raumakustik bereits in der Planungs- und Bauphase berücksichtigt werden sollten. Schließlich verhelfen sie nicht nur Kindern zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Aktivität und Ruhe, sondern auch den Erwachsenen zu einer besseren Arbeitsqualität. Das Projekt ging aus einem Wettbewerb hervor und ist Teil eines neuen Öko-Quartiers. Das Gebäude musste deshalb nach dem strengen Umweltlabel Nordic Swan zertifiziert werden, das unter anderem Vorgaben zu Energieverbrauch, Materialien und Tageslicht, aber auch zum Lärmschutz macht.
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